Ldl an der Förderschule – die erste Stunde

Die Voraussetzungen

Ich habe Glück, denn ich bin momentan zur Unterstützung in einer 4. Klasse eingesetzt. Das bedeutet: Trotz der aktuellen Situation darf ich mit Schüler:innen vor Ort zusammenarbeiten. Die Klasse ist mit 16 Schüler:innen sehr groß, die Teilung aufgrund des Wechselunterrichts ist für LdL am Anfang jedoch kein Nachteil. Ich mache erst mal alles doppelt, habe mir einen genauen Plan gemacht, wann Gruppe A oder B da ist und was wir dann machen. Gar nicht so einfach, jede Woche läuft es anders. Aber machbar! Gerade die ersten Stunden sind wahnsinnig anstrengend und anspruchsvoll, es gibt viel Input und die Köpfe rauchen – mit weniger Schüler:innen kann ich noch besser auf deren Bedürfnisse eingehen.

Die Schule an der Altmühl ist ein Sonderpädagogisches Förderzentrum. Das heißt, wir sind spezialisiert auf die Förderschwerpunkte Lernen, Sprache und emotional-soziale Entwicklung. Jedes Kind hat einen anderen Förderbedarf und es ist unglaublich wichtig für einen funktionierenden Unterricht, so individuell wie möglich auf alle einzugehen. Die Stimmung in beiden Gruppen ist meist recht harmonisch, es besteht ein sehr gutes Verhältnis zur Klassenleitung und auch ich kenne die Schüler:innen größtenteils schon länger. Schade ist nur, dass nicht alle regelmäßig am Präsenzunterricht teilnehmen, meistens sind es dann nur 7 von 8 Kindern in einer Gruppe.

Die technische Ausstattung ist hervorragend. Im Klassenzimmer steht ein Smartboard mit PC, der an den Drucker angeschlossen ist und wir haben Ipads zur freien Verfügung.

Die Englischkenntnisse sind bei den meisten Kindern so gut wie nicht vorhanden, was der Unterrichtssituation geschuldet ist, für die niemand was kann – wir starten einfach nochmal bei zero.

Die Vorgehensweise

Da ich dank meiner LdL-Erfahrung als Schülerin und Studentin, aber auch als Gymnasiallehrerin mittlerweile sehr routiniert bin, beschloss ich, mich auch an der Förderschule an das übliche Schema zu halten.
Das bedeutet für die genaue Vorgehensweise:

  1. Was ist LdL? – Einführung in die Theorie (stark vereinfacht)
  2. Classroom phrases –Unser Werkzeug
  3. Teambildung- Zuteilung fester Zweiergruppen
  4. Verteilung der Lerninhalte – einfache Vokabeln
  5. Ideensammlung zur Vokabeleinführung – SuS werden Lehrer:innen
  6. Vorbereitung – Teams bereiten ihre Stoffvermittlung vor
  7. Stoffvermittlung – Es geht los!

In beiden Gruppen habe ich in 60 Minuten die Punkte 1-4 geschafft – mehr als gedacht. Da Englisch nicht zu den beliebtesten Fächern der Klasse zählt, wollte ich möglichst motivierend starten und erklärte gleich zu Anfang, dass wir jetzt etwas ganz Besonderes machen, dass ich im Internet darüber schreiben werde und unser Schulleiter Herr Krigers uns besuchen wird. Vielleicht schaffen wir es ja sogar auf die Homepage oder in die Zeitung? Ich erzählte vom Erfinder von LdL, Jean-Pol Martin, der mindestens so alt ist wie die Opas der Kinder und fleißiger twittert und auf Facebook postet als jeder coole junge Lehrer hier an der Schule. 🙂 Vielleicht können wir ja mal mit ihm skypen? Das Interesse war schnell geweckt, das Staunen war groß aber ganz ehrlich gesagt – meine eigene Aufregung war wohl am Größten!

  1. Was ist LdL? Einführung in die Theorie

Für alle meine Schüler:innen, egal ob am Gymnasium oder an der Förderschule, sollen die gleichen Regeln gelten, was LdL betrifft. Wieso sollten sich Kinder für eine Unterrichtsmethode begeistern, wenn sie gar nicht wissen, was sie im Endeffekt davon haben? Natürlich werde ich Viertklässler nicht mit Auszügen aus einem wissenschaftlichen Aufsatz überfordern, aber ich beginne mit einer stark vereinfachten Version der LdL-Theorie. Kurz und knapp nach dem Motto „Mit LdL fällt es deinem Gehirn leichter, sich Sachen zu merken“. Warum das so sein soll, haben wir mithilfe einer Powerpoint-Präsentation besprochen und mussten dabei zunächst etwas ganz Grundlegendes klären!

Den Kindern war gar nicht klar, warum ein Lehrer so heißt, wie er nun mal heißt und was das Wort „lehren“ überhaupt bedeutet. Und ich bin mir sicher, dass geht nicht nur dieser Klasse so, mir ist es bisher nur nicht aufgefallen! „Lehrer“ ist eines dieser Wörter, dass die Schüler:innen täglich hören und anwenden, aber nicht über dessen Bedeutung nachdenken – wozu auch? Es wird ja nie hinterfragt. Ich stelle mich am ersten Schultag vor die Klasse und stelle mich vor mit „Hallo, ich bin Frau Cau, eure Lehrerin“, aber gehe nicht näher darauf ein, was genau eigentlich meine Aufgabe ist. Das werde ich in Zukunft auf jeden Fall anders machen.

Damit man sich ein bisschen besser vorstellen kann, wie ich die wichtigsten Inhalte aus der Theorie vereinfacht erklärt habe, sind hier ein Auszug aus meiner PPP:

Anhand von Beispielen aus der Praxis habe ich versucht, den Kindern die Methode näher zu bringen und vor allem die Vernetzung und den Rollenwechsel darzustellen:

Alle machen mit! – Du darfst Lehrer sein!

2. Classroom phrases – Unser Werkzeug

Der zweite Teil der Stunde drehte sich um die Einführung der Classroom phrases. Mithilfe der PPP haben wir die Sätze visualisiert, jeder Satz hat ein eigenes Symbol.

Wir sprachen die classroom phrases im Chor und übten die Aussprache, manche Schüler:innen trauten sich schon, die Sätze alleine vorzutragen. Außerdem bekamen die SuS ein Arbeitsblatt, um die Sätze zu verschriftlichen und als Hausaufgabe zu lernen.

Als zusätzliche Hilfe bekommt jedes Kind noch eines Spickzettel auf den Tisch und ich habe die Symbole vergrößert und nutze sie als Bildkarten. Sobald z.B. ein Schüler sagt „Hä? Check ich nicht!“, zeige ich das Symbol mit dem Fragezeichen und er soll stattdessen „I don’t understand“ sagen.

Die Sätze brauchen wir im LdL-Unterricht ständig. Sobald sie von der Klasse sicher beherrscht werden, kommen neue dazu. Früher habe ich gleich mehrere auf einmal eingeführt, aber jetzt gehe ich lieber langsam vor und will eine Überforderung vermeiden. Das Einüben hat erstaunlich gut geklappt und die Kinder haben ihre anfänglichen Ängste schnell verloren. Wir üben die Sätze immer wieder zwischendurch, indem ich die Karten hochhalte – dazu gibt es immer einen passenden Anlass und wir wenden sie somit also situationsgerecht gleich an.

3. Teambildung- Zuteilung fester Zweiergruppen

Ich empfehle, die Partner als Lehrkraft zuzuteilen, wenn man die Lerngruppe gut kennt. In meinem Fall habe ich dies gemeinsam mit der Klassenleitung gemacht. Mit Zweiergruppen habe ich die besten Erfahrungen gemacht, da drei Kinder vor der Klasse einfach zu viel sind. Es ist anfangs schon schwierig genug, sich mit einem Partner abzusprechen und die „Arbeit“ aufzuteilen. Die Teams schreibe ich mir immer gleich auf, dann gibt es später keine Diskussionen und ich kann es mir so ganz einfach auch besser merken.

4. Verteilung der Lerninhalte – einfache Vokabeln

Normalerweise würde ich jetzt den gesamten Stoff der nächsten Lektion auf die einzelnen Teams aufteilen – das ist jetzt anders. Ich habe mich für ganz einfache, einzelne Vokabeln entschieden und werde den Anspruch der Inhalte langsam steigern. Schließlich lernen die SuS jetzt schon ganze Classroom phrases und sollen sich erstmal mit LdL vertraut machen. Ich habe also Tiervokabeln verteilt und in den letzten Minuten haben sich die Teams schon mal Gedanken gemacht, wie sie ihre Vokabel denn der Klasse beibringen könnten.

Das war die erste Stunde und verlief in beiden Gruppen ganz ähnlich ab. Wir haben mehr geschafft, als gedacht!

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